Darsteller

Die alte Jungfer und der Dieb

Eine groteske Oper von Gian Carlo Menotti

Einsamkeit, Sehnsucht und Unsinn

Fotos: Theresa Lange

Ein aus einer Strafanstalt geflohener Gewaltverbrecher soll sich in einer kleinen amerikanischen Stadt versteckt halten. Die Bevölkerung wird darum misstrauisch und ängstlich, argwöhnisch beobachtet jeder jeden. Auch die hochangesehene Miss Todd, eine altjüngferliche Frau, ist grundsätzlich skeptisch und vorsichtig. Doch schon bald klopft ein Landstreicher mit Namen Bob an ihr Haus. Bob ist eine bei aller äußeren Fragwürdigkeit derart einnehmende Erscheinung, dass Miss Todd ihn kurzerhand ins Haus bittet. Obwohl Bob offen zugibt Frauen nicht zu mögen, verlockt ein weiches Bett und die Aussicht auf ein opulentes Frühstück zum längeren Verweilen. Am nächsten Morgen macht die Nachricht von dem aus dem Zuchthaus entflohenen Verbrecher die Runde. Miss Todd und ihr Dienstmädchen Laetitia zweifeln nicht an dessen Personalunion mit Bob und fürchten um ihr Leben. Doch beide Frauen sind auch insgeheim angezogen von dem wilden, gutaussehenden und geheimnisvollen Mann und lassen ihn im Hause weiter wohnen.

Eine Woche später wird von Einbrüchen in der Umgebung berichtet, niemand ahnt dabei, dass die ehrenwerte Miss Todd diese mit Hilfe Laetitias begeht, um ihren heimlich angehimmelten Verbrecher Geld und Alkohol zukommen zu lassen. Doch Bob lässt sich nicht beeindrucken. So versuchen schließlich die Frauen, ihn zu überreden, mit ihnen zu fliehen, um der Polizei zu entkommen. Doch Bob weigert sich, wegzulaufen, weil er nichts verbrochen hat. Auf einmal stellt sich für beide Frauen die Frage, ob Landstreicher Bob überhaupt der entflohene Sträfling ist. Und wenn nicht, wer ist Bob wirklich?

 

Im Auftrag der NBC komponierte der Italo-Amerikaner Gian Carlo Menotti eine seiner frühesten Opern, die ausgerichtet war auf eine Aufführung in dem neuen Medium Radio. Wie bei fast allen seinen Bühnenwerken schrieb er das Libretto hierzu selbst. Zum Inhalt der Oper wurde er bei einem Besuch der Familie seines Lebensgefährten Samuel Barber inspiriert. Er erkannte, dass hinter der Fassade der malerisch-friedlichen Heimatstadt Babers, sich viel Misstrauen, Neid und Missgunst verbarg und sich große Abgründe auftun konnten, wenn man nur einen genaueren Blick wagte.

Bei der Uraufführung der Oper im Jahr 1939 wurde das Werk mit großer Begeisterung aufgenommen, ein Erfolg der Menottis beginnende Karriere in den USA weiter festigte.

Später adaptierte Menotti die Oper für szenische Aufführungen; die erste theatralische Produktion fand 1941 in Philadelphia statt. Auch diese szenische Version erwies sich als erfolgreich und internationale Aufführungen ließen nicht lange auf sich warten. Die europäische Erstaufführung fand 1947 in deutscher Sprache am Nationaltheater Mannheim statt.